Geschichte, Auftrag, Struktur

Rettungsgrabungen

Wann spricht man von Rettungsgrabungen?

Der Großteil der im Land durchgeführten archäologischen Untersuchungen sind so genannte Rettungsgrabungen. Im Gegensatz zu Forschungsgrabungen, bei denen in der Regel ausreichend Zeit für die Freilegung und Dokumentation der Befunde zur Verfügung steht, müssen Rettungsgrabungen zum Teil unter erheblichem Zeitdruck stattfinden. Rettungsgrabungen werden im Vorfeld von Baumaßnahmen dann nötig, wenn aus Gründen der Zumutbarkeit keine Erhaltung der archäologischen Fundstelle gefordert werden kann. Dabei reicht die Bandbreite von kleinen Einzelbaumaßnahmen bis hin zu großen Bau- und Infrastrukturmaßnahmen, wie beispielsweise die Erschließung von Gewerbegebieten, Fernstraßenbau oder Pipelinetrassierungen.

Planungsberatung

Archäologische Untersuchungen werden vor allem dort notwendig, wo durch die Umsetzung von Bebauungsplänen Bodeneingriffe notwendig werden und archäologische Belange betroffen sind, das heißt wo mit archäologischen Zeugnissen im Boden gerechnet werden muss. Der ungestörte Verbleib des Denkmals im Boden ist das vorrangige Ziel der Denkmalpflege. Im Idealfall werden Bebauungspläne so geändert, dass Bodeneingriffe außerhalb der archäologischen Kulturdenkmale oder Verdachtsflächen erfolgen. Die Planungsberatung für die Gemeinden oder Kommunen erfolgt durch die Beschäftigten der Inventarisation.

Archäologische Voruntersuchungen

Ist eine Umplanung nicht möglich, regt das Landesamt für Denkmalpflege an, rechtzeitig vor der Erschließung beziehungsweise den Baumaßnahmen archäologische Voruntersuchungen durchzuführen. Damit soll festgestellt werden, ob und in welchem Umfang Rettungsgrabungen notwendig sind. Auf dieser Grundlage werden Dauer und Kosten eventuell erforderlicher Maßnahmen kalkuliert. Ziel ist, Planungssicherheit herzustellen und Verzögerungen beim Bau weitestgehend zu vermeiden. Inzwischen werden Prospektionen regelmäßig im Rahmen des PfP (Projekt flexible Prospektion) durchgeführt. Ähnlich wie in anderen Bundesländern wird auch in Baden-Württemberg das Veranlasserprinzip angewendet. Das bedeutet, dass Investoren und Vorhabenträger im Rahmen des Zumutbaren an der Finanzierung der Prospektionen beteiligt werden. Das Landesamt für Denkmalpflege bietet in diesem Rahmen den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung  zu den Rahmenbedingungen an, mit der die Fristen für die Untersuchungen und die Kostenbeteiligung des Veranlassers geregelt werden.

Lineare Projekte

Rettungsgrabungen werden auch nötig im Rahmen von linearen Projekten. Hierbei handelt es sich gewöhnlich um Bahn-, Straßen- oder Pipelinetrassen. Archäologische Rettungsgrabungen im Rahmen dieser Projekte sind im Normalfall deutlich umfangreicher als bei Bebauungsplanverfahren. Sie erfordern längere und intensivere Planungen sowie einen höheren Personal-, Material- und damit Kostenaufwand.

Private Bauvorhaben für Wohnzwecke zum Eigenbedarf

Bei privaten Bauvorhaben für Wohnzwecke zum Eigenbedarf wird die Zumutbarkeit durch das Landesamt für Denkmalpflege besonders sorgfältig geprüft. Sind Rettungsgrabungen notwendig, sollen diese die Bauvorhaben privater Bauherrn für ihren Eigenbedarf nicht gefährden.

 

Notgrabungen

Als besondere Form der Rettungsgrabungen gilt die Notgrabung. Hier liegt eine unmittelbare Bedrohung der archäologischen Zeugnisse beispielsweise durch Bautätigkeit oder landwirtschaftliche Tätigkeit vor. Gewöhnlich finden Notgrabungen in Bereichen statt, in denen im Vorfeld keine archäologischen Denkmale bekannt waren. Zum vorläufigen Schutz sind Funde und Fundstelle bis zum Ablauf des vierten Tages in unverändertem Zustand zu belassen. Diese Frist dient der Feststellung der Denkmaleigenschaft. In Absprache mit dem Denkmalamt kann diese Frist verkürzt werden. Steht hingegen die Denkmaleigenschaft fest, handelt es sich also um ein Kulturdenkmal an dessen Erhaltung öffentliches Interesse besteht, werden in der Regel archäologische Untersuchungen notwendig.