Denkmale

Klimaschutz und Energieeffizienz in der Baudenkmalpflege

Klimaschutz und Energiewende als Staatsziele

Klimaschutz und Energiewende sind heute in aller Munde. Nicht nur im baden-württembergischen Koalitionsvertrag von Bündnis 90/Die Grünen und CDU spielt dieses Thema eine große Rolle, spätestens seit der von Greta Thunberg begründeten „Fridays-for-Future“-Bewegung ist die weltweite Relevanz des Themas offensichtlich. Aber was hat das mit Denkmalpflege zu tun?

Oldtimer und Kulturdenkmale: Spritschlucker und Luftverpester?

Sind Denkmale ähnlich wie Oldtimer einfach nur Spritschlucker bzw. Luftverpester? „Alte Dinge verbrauchen zu viel Energie und sind nicht effizient“, diesen Vorwurf hört man häufig. Ja, viele Oldtimer brauchen ein paar Liter mehr Sprit und haben auch keinen Katalysator. Auch Denkmale benötigen oft mehr Energie zum Heizen und besitzen vielfach eine mangelhafte Wärmedämmung. Aber: Am Pkw-Gesamtbestand beträgt der Anteil der Autos mit H-Kennzeichen lediglich rund 1 Prozent, der Anteil der Kulturdenkmale am gesamten Gebäudebestand Deutschlands nur rund 2 bis 3 Prozent. Die wertvollen Kulturzeugnisse machen also nicht die Masse der Gebäude aus.

Traditionelle Baustoffe und kein neuer Rohstoffbedarf: graue Energie

Und: Bei Oldtimern ist das Blech schon gepresst und er fährt viel länger als das übliche Familienauto. Auch Kulturdenkmale stehen oft schon seit Jahrhunderten, in der Regel sind sie aus traditionellen, ökologisch verträglichen Baustoffen errichtet. Energieaufwand für Herstellung und Transport (so genannte graue Energie) ist nicht mehr nötig. Für einen Neubau müssen neue Materialien beschafft und eingesetzt werden, deren Beständigkeit und Entsorgungsfähigkeit wir nicht kennen.

Spritsparer und Klimaschoner!

Trotzdem gilt es Energie zu sparen, aber mit Verstand! Denn alte Dinge sind auch wichtige Erinnerungen, die wir für die Zukunft brauchen. So wie Sie den Motor eines Meisterwerks automobiler Ingenieurskunst nicht einfach durch einen EURO-6-Diesel ersetzen würden, ist die Anbringung einer Innen- oder Außendämmung auf einer hochwertigen Innenausstattung oder wichtigen Fassadengestaltungen im Denkmalbereich nicht möglich. Doch Denkmale können auch modern! So lassen sich z.B. auf von außen nicht einsehbaren Sheddächern von Industriebauten Photovoltaikanlagen anbringen, wie hier beim ZKM in Karlsruhe. Von innen nicht spürbar, wird hier Strom erzeugt.

CO2-Emissionen im Vergleich - Wer liegt vorne: Neubau oder modernisiertes Kulturdenkmal?

Für die Bewertung des Treibhauspotenzials eines Kulturdenkmals sollte der gesamte Lebenszyklus betrachtet werden. Vergleichsberechnungen zur Ermittlung von CO2‑Emissionen zeigen, dass Energiebedarf und Wärmeverlust beim laufenden Betrieb eines Kulturdenkmals durch eine energetische Ertüchtigung deutlich reduziert werden können, aber leicht gegenüber dem Neubau zurückstehen. Das Ergebnis stellt sich jedoch anders dar, wenn man die CO2‑Emissionen für die Herstellung des Neubaus mit einberechnet. Diese übersteigen die Emissionen, die für die Modernisierung des Denkmals notwendig werden, um so viel mehr, dass sich die Errichtung des Neubaus im Sinne der Minimierung von CO2‑Emissionen gegenüber der Denkmalmodernisierung erst dann „rentiert“, wenn nach mehreren Jahrzehnten ohnehin wieder erste große Instandhaltungen anstehen. Daher gibt es für den Neubau diesbezüglich keine Rechtfertigung gegenüber der Modernisierung.

Effizienzhaus Denkmal

Im Jahr 2012 wurde im Fördersegment „Energieeffizient Sanieren“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) der Programmteil „Effizienzhaus Denkmal“ eingeführt. Ab dem 1. Juli 2021 wird dieser Programmteil unter den Effizienzhaus-Kategorien „Wohngebäude Denkmal“ und „Nichtwohngebäude Denkmal“ in der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) fortgesetzt. Damit man diese Förderung in Anspruch nehmen kann, muss die Konzeption von energetischen Verbesserungen von entsprechend ausgebildeten Sachverständigen durchgeführt werden.

Energieberater für Baudenkmale

Die „Energieberater für Baudenkmale“, wie diese Sachverständigen auch genannt werden, verfügen über spezielle Kenntnisse beim Umgang mit Baudenkmalen sowie über entsprechendes bauphysikalisches Wissen, wie z.B. über die Anforderungen zum Feuchteschutz bei Innendämmung. Sie haben eine zertifizierte Fortbildung absolviert, deren Leitfaden von der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerksunterhaltung und Denkmalpflege e.V. (WTA) und der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VDL), der deutschlandweiten Dachorganisation der Denkmalfachämter, erarbeitet wurde.

Denkmalpflege fördert Nachhaltigkeit

Eng verbunden mit der Klimaschutzdebatte ist auch das Thema Nachhaltigkeit. Der Begriff der Nachhaltigkeit geht bereits auf das 18. Jahrhundert zurück. Das Prinzip dahinter ist so einfach wie modern: Es darf nicht mehr verbraucht werden, als nachwachsen oder sich regenerieren kann. Heute werden unter dem Begriff Nachhaltigkeit ökonomische, ökologische und soziokulturelle Aspekte betrachtet. Denkmalpflege punktet auf jedem dieser Gebiete. Durch die Weiterverwendung bestehender Gebäude werden natürliche Ressourcen geschont. Baudenkmale verleihen Städten, Dörfern und Landschaften ein unverwechselbares Gesicht und tragen damit wesentlich zu deren Attraktivität bei. Zugleich können Menschen über Denkmale ein Heimatgefühl entwickeln, sich in Europa verorten und gelungene Beispiele für ein Zusammenwirken verschiedener kultureller Einflüsse sehen. Als Mahnmale an die wechselvolle Geschichte der Menschheit leisten Denkmale nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung des sozialen Friedens.

Denkmalschutz und Windenergie

Bei der Planung und Genehmigung von Windrädern in der Umgebung von Kulturdenkmalen ist in Zukunft grundsätzlich keine denkmalfachliche Prüfung mehr erforderlich. Nur bei bestimmten Denkmalen, die anhand eines Bewertungsrasters festgelegt werden, ist eine Einzelfallprüfung notwendig. Ein von der Landesdenkmalpflege neu entwickeltes „Bewertungsraster für Windenergieanlagen in der Umgebung von Kulturdenkmalen“ bringt Denkmalschutz und Klimaschutz zusammen. Das Bewertungsraster bewirkt, dass der sogenannte Umgebungsschutz nach dem Denkmalschutzgesetz der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen bei weit über 99 Prozent der Kulturdenkmale nicht entgegenstehen wird – und dies ohne weitere Prüfung. Nur in Ausnahmefällen wird die denkmalfachliche Zulässigkeit im Einzelfall noch geprüft. Pauschale denkmalschutzrechtliche Verbote gibt es nicht. Mit dem neuen Bewertungsraster hat die Windkraft in Baden-Württemberg mehr Möglichkeiten als je zuvor. Damit sorgt das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen als oberste Denkmalschutzbehörde des Landes gemeinsam mit dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD) dafür, dass das von Bund und Land vorgegebene 1,8 Prozent-Flächenziel für Windkraftanlagen so schnell wie möglich erreicht werden kann.

Weiterführende Informationen

Beispiele, wie Eigentümer von Denkmalen Energie sparen und diese für die Anforderungen unserer heutigen Zeit ertüchtigen können, finden Sie in den Broschüren des Landesamtes für Denkmalpflege. Informieren Sie sich und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung zum Thema!

Sie sind von fachlicher Seite mit dem Thema konfrontiert? Suchen Informationen zur Anbringung von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen, Wind- oder Wasserkraftanlagen im oder am Denkmal, in dessen Umgebungsbereich oder in einer Gesamtanlage? Sie suchen einen zertifizierten Experten für die Energieberatung am Baudenkmal oder möchten sich über Förderprogramme informieren? Auch hierzu finden Sie unter den Links in der rechten Spalte nützliche Hinweise.