Gaggenau (stv). Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart hat mehrere Objekte des Architekten Justus Dahinden unter Denkmalschutz gestellt.
Wie die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem LAD mitteilt, wurden die Wohnhäuser in der ehemaligen Siedlung „Zur Gass“ auf ihre Denkmaleigenschaft hin geprüft und nun in die Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg aufgenommen. Auch das Parkhotel erfüllt die Eigenschaften eines Kulturdenkmals.
Die Eigentümer der betroffenen Häuser In der Gass und in der Körnerstraße wurden von der Baurechtsabteilung der Stadt Gaggenau über die Entscheidung des Landesamts für Denkmalpflege informiert. Mit in der Post waren für die Eigentümer zudem ein Leitfaden zum Wohnen im Denkmal sowie Informationen zur steuerlichen Vergünstigung, die aus der Denkmaleigenschaft des Gebäudes entstehen.
„In der Gestaltung der Siedlung griff Justus Dahinden in vielen baulichen Details auf ältere Motive der Architekturgeschichte zurück, indem er Bogenmotive, Türme, Erker in freier und individueller Form anverwandelte, eine künstlerische Strategie, die für Bauten der Postmoderne charakteristisch ist“. So heißt es unter anderem in der Begründung des Landesamts für Denkmalpflege, warum es sich bei den Häusern um ein architekturkünstlerisch wertvolles und auch überregional bedeutendes Kulturdenkmal handelt. Entstanden ist die Siedung, die „weit über das übliche Einerlei von
Reihenhaussiedlungen“ hinausgehoben ist, in den Jahren 1984 und 1985. Der damalige Züricher Architekt und Hochschullehrer hatte vom Gemeinderat den Auftrag erhalten, Wohngebäude für Familien mit hohem Wohnwert bei geringem Bodenverbrauch mit familiengerechten Grundrissen und kleinen Privatgärten zu schaffen.
Nur wenig älter ist das Parkhotel, das der Architekt Dahinden ebenfalls für die Stadt Gaggenau plante und das 1983 eröffnet wurde. An dessen Erhalt bestehe aus
künstlerischen, wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse. Auch bei diesem jungen Kulturdenkmal standen Ideen der Postmoderne Pate: „Dahinden gelang in seiner ambitionierten Gestaltung eine kühne Interpretation des Bautypus Grandhotel, die durch ihren freien und künstlerisch neuartigen Umgang mit historischen Formen indessen eine originäre Schöpfung ist. In ihrem Einsatz von zitathaften Details folgte der Architekt den spielerischen Gestaltungsstrategien der Postmoderne, ordnete seine dekorativen Ideen jedoch stets der überzeugenden Gesamtwirkung seiner Architekturschöpfung unter“, so die Denkmalpflegerinnen und -pfleger. Und weiter steht es für die „couragierte und zukunftsweisende Neugestaltung des Zentrums von Gaggenau.“
Für die Stadt wirft die Bewertung des Parkhotels als Kulturdenkmal erst einmal einige Fragen auf. Noch könne deshalb nichts zu den Konsequenzen gesagt werden. Es müsse, auch im Gespräch mit dem LAD, geprüft werden, welche Auswirkungen der Denkmalschutz nun auf die Planungen hat. Die Stadt geht aber davon aus, dass die bisherigen Planungen dennoch umsetzbar sind. Schließlich ist es auch im Interesse der Stadt, den Charakter des Parkhotels zu erhalten. Zwar rechne man mit gewissen Auflagen oder Einschränkungen, um die Besonderheiten des Baus und seine Denkmalqualitäten erhalten zu können; gleichzeitig geht man im Rathaus aber auch davon aus, dass durch die Denkmaleigenschaft Fördermittel abgerufen werden können. Wie berichtet, will die Stadt das ehemalige Parkhotel zusammen mit der Lebenshilfe zu einem Haus der Inklusion entwickeln, in dem Menschen mit Einschränkungen sowohl arbeiten wie auch leben können. Daneben ist gastronomischer Betrieb, Hotelbetrieb und gesundheitsnahe Dienstleistungen geplant. Die Bestandsaufnahme der verschiedenen Gewerke wie Heizung, Sanitär, Lüftung, Elektro sowie sonstige bautechnische Untersuchungen ist nahezu abgeschlossen, heißt es aus dem Rathaus.
Die Stadt und das Landesamt für Denkmalpflege stehen in Austausch – das LAD informiert und berät gerne bei Fragen. Schon bald soll ein Treffen vor Ort mit den
Denkmalpflegerinnen und -pflegern des LAD mehr Aufschluss bringen für die weiteren Planungen.
Zum Thema:
Der Architekt und Hochschullehrer Prof. Dr. Justus Dahinden (1925-2020) gehörte zu den bedeutendsten Schweizer Architekten, der die europäische Architekturgeschichte der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts auf vielfältige Weise prägte. Er machte sich einen Namen mit futuristischen Entwürfen und wurde zum wichtigen Impulsgeber visionärer Stadtentwicklung.
Dahinden gehört weiterhin zu den Pionieren additiver bzw. modularer Bausysteme. Er entwarf
u.a. das „Trigon-System“, das mit seinem Dreiecksraster als Grundidee des Gaggenauer
Hotels Pate stand.