Die Reittiere römischer Kavallerieeinheiten
Reittiere bisher nicht im Focus der Wissenschaft
Reitertruppen spielten eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Grenzen der römischen Provinzen. Im 2. Jahrhundert lassen sich 85 eigenständige Reitereinheiten (alae) mit einer Mannschaftsstärke von zusammen 46.500 Reitern nachweisen. Hinzu kommen teilberittene oder gesonderte Einheiten (exploratores, numeri) sowie Reiter in den Legionen. Rechnet man Ersatztiere hinzu waren im römischen Heer zwischen 60.000 und 100.000 Reittiere gleichzeitig im Einsatz. Stationierung, Ausrüstung und Einsatz der hochmobilen Kavallerieeinheiten sind vergleichsweise gut erforscht, doch ist aktuell unser Kenntnisstand über ihr wichtigstes und charakteristisches Ausrüstungselement, das Pferd, eher schlecht. Auch das Wissen zur Nutzung des Maultieres, einer u. a. hervorragend als Lasttier geeigneten Kreuzung aus Pferdestute und Eselhengst, ist trotz intensiver Forschung der vergangenen Jahre in vielen Grenzregionen des römischen Reiches noch marginal.
Fragen
Das langfristig angelegte Forschungsprojekt der beiden Fachbereiche Archäozoologie und Provinzialrömische Archäologie beschäftigt sich anhand der bei laufenden Ausgrabungen angetroffenen Funde mit folgenden Fragen:
- Welche Arten von Reittieren sind nachweisbar? Verändern sich die eingesetzten Equiden oder der Bestand an Reittieren im Laufe der Zeit? Gibt es Unterschiede bei den Tieren zwischen Kavallerie- und teilberittenen Einheiten?
- Was wissen wir über die Herkunft der Tiere? Griff man auf lokale Pferdeschläge zurück oder lösten unter römischer Besetzung neue Pferdetypen die vorher regional vorhandenen ab? Wo ist spezialisierte Pferdezucht nachweisbar?
- Welche archäologischen Hinweise gibt es darauf, wie die Versorgung der Truppe organisiert war? Gibt es im Umfeld größerer Reitereinheiten spezielle Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen, die Hinweise auf den Dienstalltag von Reitertruppen außerhalb der Kastelle erlauben.
- Pferde bedürfen einer speziellen Ernährung und Versorgung, um die Leistungsfähigkeit erhalten zu können. Liegen Hinweise auf spezielle Anbaubereiche im Umfeld der Stationierungsorte? Wie sieht die Forschungssituation zu spezialisierten Veterinären für die Kavallerieeinheiten aus? Lässt sich bei Pferden aus Militärkontexten eine andere Fütterung nachweisen als bei Tieren ziviler Siedlungen? Gibt es Unterschiede im Gesundheitszustand bzw. dem Nachweis pathologischer Veränderungen zwischen den Pferden aus Militärlagern einerseits und Vici andererseits?
- Was passierte mit den Tieren nach dem Ende ihres Dienstes? Gibt es Hinweise oder Überlieferung zur Weitergabe der Tiere an Zivilisten nach ihrer Ausmusterung aus dem Militärdienst? Warum werden einzelne Pferde bestattet? Wie sieht die archäozoologische Nachweismöglichkeit aus?
Ansprechpersonen
Referent für Archäozoologie
Dienstsitz Konstanz
78467 Konstanz
Referat: 84.1
Gebietsreferent Archäologische Denkmalpflege
Dienstsitz Esslingen
73728 Esslingen am Neckar
Referat: 84.4