Geschichte, Auftrag, Struktur

Geschichtliche Entwicklung der Denkmalpflege

Anfänge der Denkmalpflege

Die Anfänge der staatlichen Denkmalpflege reichen in Baden-Württemberg ins 17. Jahrhundert zurück. So befahl Herzog Eberhard III. von Württemberg im Juni 1670, dass alle gefundenen Altertümer abzuliefern seien. Wenig später forderte der fürstlich-hohenlohische Hof- und Archivrat Christian Ernst Hanselmann den Erhalt römischer Ruinen. Ende des 18. Jahrhunderts wuchs das Interesse an Altertümern. Historische Gebäude, archäologische Bodenfunde und Gegenstände aus früheren Zeiten vor ihrem Verfall zu bewahren, wurde in jener Zeit im öffentlichen Bewusstsein verankert. 1784 wurden die römischen Thermen von Badenweiler entdeckt und ausgegraben. In den folgenden Jahren wurde die Ruine mit einem Schutzhaus gesichert. Um dieselbe Zeit ordnete der Badische Großherzog Karl Friedrich die „Freistellung” der Zähringer Burg Hohenbaden an, die von der Jahrhunderte langen Tradition des regierenden badischen Herrscherhauses zeugt. Auch die Errichtung des Lichtensteins bei Pfullingen, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, steht in dieser Tradition.

Vollendung des Ulmer Münsters

Das Erwachen der frühen Denkmalpflege bezeugt in besonderer Weise die Vollendung des Ulmer Münsters. Dreihundert Jahre stand der unfertige Münsterturm. Erst als die mittelalterliche Baukunst wieder entdeckt und neu bewertet wurde, führte dies 1844 zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten, die 1890 mit der Vollendung des gotischen Münster feierlich abgeschlossen werden konnte.

Erste Konservatoren

Im Jahre 1853 wurde im Großherzogtum Baden August von Bayer als erster Konservator der staatlichen Denkmalpflege eingesetzt. Fünf Jahre später folgte in Württemberg die Einstellung von Konrad D. Hassler als erster württembergischer staatlicher Konservator. Damit war die Gründung der heutigen staatlichen Denkmalpflege vollzogen.

Konservieren statt Rekonstruieren

Um 1900 wurde der Streit um den Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses, eines der bekanntesten Kulturdenkmale Baden-Württembergs, zum markanten Wendepunkt in der Denkmalpflege. Die vornehmlich einem gefälligen Äußeren verpflichtete schöpferische Denkmalpflege des 19. Jahrhunderts wich dem modernen konservatorischen Auftrag: Substanz erhalten – Erscheinungsbild bewahren. Dieses neue Leitbild der Denkmalpflege gilt bis heute.

Kirchen auf der Reichenau und Limes

Die Insel Reichenau, im Jahr 2001 in die Liste der Welterbestätten aufgenommen, steht mit am Anfang denkmalpflegerischer Bemühungen in unserem Land. 1880 wurden in der frühmittelalterlichen Kirche St. Georg in Oberzell auf der Reichenau die heute weltberühmten Wandmalereien entdeckt und vollständig freigelegt.

Die Erforschung des obergermanisch-rätischen Limes – seit 2005 Bestandteil des UNESCO Welterbes - geht in das 18. Jahrhundert zurück. 1892 wurde auf Anregung Theodor Mommsens die Reichs-Limes-Kommission gegründet, die innerhalb weniger Jahre eine grundlegende Erforschung des obergermanisch-rätischen-Limes durchführte.

Frühe Definition des Denkmals

Im frühen 20. Jahrhundert wurde die staatliche Denkmalpflege in den Landesteilen Württemberg und Baden fest verankert. Ein Werbeplakat des damaligen Landesamtes für Denkmalpflege belegt, dass damals schon ein umfassender Denkmalbegriff vorhanden war. So benennt es eine Vielzahl unterschiedlicher schützenswerter Denkmale wie Stadtbilder, Straßenzüge, bewegliche Kunstwerke der Malerei, Plastik und des Kunstgewerbes, Gebrauchsgegenstände von Altertums- und Heimatwert, Bodenaltertümer, Grabhügel, Siedlungen, Befestigungen, Wege und Straßen der Vor- und Frühzeit sowie Naturdenkmalen, eigenartige Landschaftsgebilde, Irrblöcke, Einzelbäume, bedrohte Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensgemeinschaften und Landschaftsausschnitte. Die meisten der hier genannten Bereiche gehören auch heute noch zum Aufgabengebiet der Landesdenkmalpflege.

Erlass eines Denkmalschutzgesetzes

Nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedete Südbaden im Juli 1949 das erste badische Denkmalschutzgesetz. Darin sind die Eckpfeiler der modernen Denkmalschutzgesetzgebung formuliert. Als sich der dritte Landtag von Baden-Württemberg 1962 mit der landeseinheitlichen Gesetzgebung beschäftigte, diente es als Ausgangspunkt. Die kontroverse Diskussion einzelner Bestimmungen, insbesondere zum Schutz kirchlicher Kulturdenkmale, brachte das Gesetzgebungsverfahren zum Stillstand. Erst 1970 wurde ein neuer überarbeiteter Entwurf vorgelegt, der dann am 1. Januar 1972 in Kraft trat. Die organisatorische Neugliederung führte zur Bildung des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in Stuttgart mit Außenstellen in Freiburg, Karlsruhe und Tübingen.

Verwaltungsstrukturreform 2005

Mit der Verwaltungsstrukturreform des Landes Baden-Württemberg wurde das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg am 1. Januar 2005 aufgelöst und in die vier Regierungspräsidien eingegliedert. Für die praktische Denkmalpflege war fortan in jedem Regierungsbezirk ein eigenes Fachreferat für Denkmalpflege zuständig. Die landesweite fachliche Denkmalpflege, Grundsatzfragen sowie die Durchführung von Schwerpunktgrabungen übernahm das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.

Das Landesamt für Denkmalpflege heute

2014 wurde die Organisation durch die Bildung eines Vor-Ort-Präsidiums im Regierungspräsidium Stuttgart neu geordnet. Die neue Struktur fördert die fachliche Einheitlichkeit der Denkmalpflege und ermöglicht den Ausgleich personeller Engpässe, die sich in den Regierungsbezirken zuletzt unterschiedlich stark ausgewirkt hatten. Durch die Eingliederung im Regierungspräsidium Stuttgart bleibt die Vernetzung mit anderen Verwaltungszweigen bewahrt. Mit der Neuordnung einher ging der Erlass eines neuen Denkmalschutzgesetzes. War das Gesetz von 1972 noch ganz auf die Organisation des Denkmalschutzes ausgerichtet, werden nun explizit auch die Aufgaben der fachlichen Denkmalpflege genannt.

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